Die Energiewende erreicht nun auch die Fondsindustrie (?)
Das Bundesministerium der Finanzen hat am 21. Mai 2024 einen Diskussionsentwurf für ein Gesetz zur Förderung von Investitionen von Fonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur vorgelegt. Der Entwurf soll einen sicheren Investitionsrahmen für die Investition von Fonds in erneuerbare Energien und Infrastruktur durch eine Änderung des Kapitalanlagegesetzbuches und des Investmentsteuergesetzes schaffen.
Nachdem ein erster Anlauf zu einer Deregulierung dieser Materie im Zukunftsfinanzierungsgesetz („ZuFinG“) Ende 2023 noch in letzter Minute gescheitert war, werden verschiedene Ansätze aus dem letzten gesetzgeberischen Versuch nunmehr erneut, und zum Teil modifiziert, aufgegriffen.
Keine Zulassung von direkt gehaltenen Freiflächenanlagen
Die Möglichkeit von Investitionen durch Immobilien-Sondervermögen in sogenannte Freiflächenanlagen (Erneuerbare-Energien-Anlagen („EEA“) auf unbebauten Grundstücken) ist weiterhin vorgesehen, allerdings nunmehr nur indirekt durch die Ergänzung einer neuen Ziff. 8 in § 231 Abs. 1 KAGB, wonach zukünftig auch Infrastruktur-Projektgesellschaften in einem Immobilienfonds gehalten werden können, allerdings nur bis zu 15% des Wertes des Fonds. Nach dem ZuFinG war noch ein direkter Erwerb von unbebauten Grundstücken zum Betrieb von EEA möglich. Diese Änderung ist wohl eine Reaktion auf die Kritik der Praxis, wonach die Grundstücke für Freiflächenanlagen fast nie durch die Betreiber der EEA erworben, sondern vielmehr regelmäßig nur gemietet oder gepachtet werden. Zur Zulassung von Miet- oder Pachtgrundstücken als zulässige Vermögensgegenstände für ein Immobilien-Sondervermögen konnte sich das BMF aber offenbar nicht durchringen und so kam es zu diesem Kniff über die Aufnahme von Infrastruktur-Projektgesellschaften.
Separate Gesellschaften verursachen allerdings nicht unerhebliche Kosten von mehreren zehntausend Euro im Jahr (Steuererklärungen, Jahresabschluss aufstellen und prüfen, Corporate Housekeeping), die die oft ohnehin nicht gerade üppigen Gewinne aus dem Betrieb von EEA schnell aufzehren oder doch stark mindern können, so dass die Zulassung von direkt gehaltenen Freiflächenanlagen (auch wenn das Grundstück nur aufgrund schuldrechtlicher Verträge im Fonds gehalten wird) sowohl für Immobilien-Sondervermögen, als auch (wie dies auch schon im ZuFinG vorgesehen und nun wieder entfallen ist) für Infrastruktur-Sondervermögen und Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen (§ 284-Fonds) sehr wünschenswert wäre.
Abdingbarkeit der 15%-Grenze bei Spezial-AIF?
Eine weitere Frage, die sich schon im ZuFinG stellte und auch im neuen Gesetzesentwurf nicht beantwortet wird, ist die Zulässigkeit der Abbedingung der 15%-Grenze für Spezial-AIF. Nach § 284 Abs. 2 KAGB sind grundsätzlich alle Anlagegrenzen des § 231 KAGB abdingbar. Dies würde dann auch für die 15%-Grenze nach dem neuen § 231 Abs. 1 Nr. 8 KAGB gelten, so dass theoretisch ein Immobilien-Spezial-Sondervermögen zu 100% aus Infrastruktur-Projektgesellschaften bestehen könnte. Andererseits wird in der Begründung zum neuen Gesetzesentwurf ausgeführt, dass “die Beteiligung an Projektgesellschaften durch die Möglichkeit des Erwerbs solcher Anlagen nicht zum Hauptzweck eines Immobilienfonds werden soll”. Soll das bedeuten, dass diese Anlagegrenze bei Spezial-AIF nicht abbedungen werden kann? Bei einem § 284-Spezial-AIF hat diese Problematik zwar nicht dieselbe Bedeutung wie bei einem Immobilien-Publikums-Sondervermögen, dennoch wäre u.a. im Hinblick auf eine Zuordnung zur Immobilienquote nach Anlageverordnung (dazu sogleich) eine gesetzgeberische Klarstellung sehr zu begrüßen.
Klarstellung hinsichtlich des Betreibens durch die Fonds
Im neuen Gesetzesentwurf ist auch wieder wie im ZuFinG eine Klarstellung in einem neuen Absatz 6 des § 231 KAGB enthalten, wonach die EEA von der Kapitalverwaltungsgesellschaft für das Immobilien-Sondervermögen auch betrieben werden dürfen. Die Problematik des Betreiben-Dürfens (oder nicht) ist aber nicht auf Immobilien-Sondervermögen beschränkt, sondern geht zurück auf die Definition des Investmentvermögens in § 1 Abs. 1 KAGB und dem dort enthaltenen Ausschlusskriterium der “operativen Tätigkeit”. Die Problematik stellt sich damit auch bei anderen Investmentvermögen, für die gegebenenfalls EEA (direkt) erworben werden sollen. Will beispielsweise eine Investmentkommanditgesellschaft eine EEA selbst betreiben, oder soll ein Betreiben für einen § 282-Fonds oder ein geschlossenes (Immobilien-)Sondervermögen erfolgen, könnte dies auch dort an dem Ausschlusskriterium “operative Tätigkeit” scheitern. Die Erlaubnis zum Betreiben von EEA durch oder für den Fonds sollte damit allgemein für alle Investmentvermögen erteilt werden.
Nachziehen der Anlageverordnung
Gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 14 c) Anlageverordnung können nur solche Investmentvermögen der sogenannten Immobilienquote zugeordnet werden, die in Vermögensgegenstände nach § 231 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 sowie § 235 Abs. 1 KAGB investieren. Diese Bestimmung sollte angepasst und ein zusätzlicher Verweis auch auf die neue Nr. 8 aufgenommen werden.
Notwendigkeit einer Erlaubniserweiterung
Darüber hinaus ist auch die Situation hinsichtlich einer etwa notwendigen Erlaubniserweiterung der Kapitalverwaltungsgesellschaften auf die Asset-Klasse Infrastruktur zu bedenken. Im Entwurf des ZuFinG waren die EEA (als direkt gehaltene Freiflächenanlagen) noch als Nr. 3a) in den Absatz 1 des § 231 KAGB eingefügt worden, so dass eine Erlaubnis, die die Verwaltung von Vermögensgegenständen nach § 231 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 umfasste, wohl auch EEA umfasst hätte. Die Diskussion der Frage, ob dem tatsächlich so sei, war allerdings noch im Gange, als die auf Investmentfonds bezogenen Regelungen aus dem ZuFinG gestrichen wurden. Nach der neuen Gesetzessystematik ist ein “dynamischer Verweis” in den bestehenden Erlaubnissen jedenfalls so oder so ausgeschlossen. Kapitalverwaltungsgesellschaften, die von den neuen Möglichkeiten eines Erwerbes von Infrastruktur-Projektgesellschaften Gebrauch machen wollen und nicht bereits über eine entsprechende Erlaubnis verfügen, werden sich wohl um eine Erlaubniserweiterung bemühen müssen. Es bleibt zu hoffen, dass sich die BaFin bei der Erteilung der Erweiterung im Interesse der Ermöglichung des gesetzgeberischen Zieles der Förderung von Investitionen von Fonds in erneuerbare Energien großzügig zeigt.
Investmentsteuerlich geht es für Spezial-Investmentfonds in die richtige Richtung!
Für Spezial-Investmentfonds (Kapitel 3-Fonds) beinhaltet der Diskussionsentwurf folgende erfreuliche Neuerungen, insbesondere zur Gewerbesteuer und zum Statusverlust:
Aktive unternehmerische Bewirtschaftung und Ausweitung der „Abschirmwirkung“
Nach aktueller Gesetzeslage fällt Gewerbesteuer auf Ebene eines Spezial-Investmentfonds gemäß §§ 25 ff Investmentsteuergesetz („Kapitel 3-Fonds“) gemäß § 29 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 Investmentsteuergesetz („InvStG“) nur an, wenn der objektive Geschäftszweck nicht auf die Anlage und Verwaltung der Mittel für gemeinschaftliche Rechnung der Anleger beschränkt ist (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 InvStG) und der Kapitel 3-Fonds seine Vermögensgegenstände nicht in wesentlichem Umfang aktiv unternehmerisch bewirtschaftet (§ 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvStG).
In dem Fall, in dem eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung („auB“) durch einen Kapitel 3-Fonds gegeben ist, ist dies gemäß § 29 Abs. 1 InvStG i.V.m. § 15 Abs. 3 InvStG grundsätzlich unschädlich, wenn die inländischen und die ausländischen Einnahmen aus einer auB innerhalb eines Geschäftsjahres weniger als 5 % der gesamten Einnahmen (Bagatellgrenze) betragen. Dabei ist hinsichtlich des Begriffs der „gesamten Einnahmen“ nicht nur auf die inländischen Einnahmen, sondern auf alle weltweit erzielten Einnahmen dieses Kapitel 3-Fonds abzustellen.
Nach aktueller Gesetzeslage unterliegt also der aus einer auB erzielte Gewinn (beispielsweise aus der Veräußerung von Strom aus selbst betriebenen PV-Anlagen) auf Ebene des Kapitel 3-Fonds‘ der Besteuerung mit Gewerbesteuer, sofern die Einnahmen aus auB mehr als 5 % der gesamten in- und ausländischen Einnahmen des Kapitel 3-Fonds betragen. Einkünfte des Kapitel 3-Fonds beispielsweise aus Vermietung und Verpachtung von Immobilien bleiben gewerbesteuerfrei, da ausschließlich die auB des Kapitel 3-Fonds einen für gewerbesteuerliche Zwecke separaten „wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb“ bildet.
„Abschirmwirkung“ von Immobilien-Gesellschaften
Gemäß § 29 Abs. 1 i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 2 InvStG führen Beteiligungen eines Kapitel 3-Fonds an Immobilien-Gesellschaften im Sinne von § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB, die selbst eine (gewerbliche) Tätigkeit nach den Kriterien einer auB ausüben, nicht zur Gewerbesteuerpflicht auf Ebene eines Kapitel 3-Fonds (sog. „Abschirmwirkung“). Sollten also beispielsweise PV-Anlagen von einer Immobilien-Gesellschaft im Sinne von § 1 Abs. 19 Nr. 22 KAGB betrieben werden, hat dies keine gewerbesteuerlichen Auswirkungen auf Ebene eines Kapitel 3-Fonds.
Geplante Neuregelungen im Diskussionsentwurf
Die geplante Neuregelung des § 15 Abs. 2 S. 2 InvStG sieht eine Ausweitung dieser „Abschirmwirkung“ vor, und zwar auf (i) ÖPP-Projektgesellschaften nach § 1 Abs. 19 Nr. 28 KAGB, (ii) Gesellschaften, deren Unternehmensgegenstand auf die Erzeugung, die Umwandlung, den Transport oder die Speicherung von Strom, Gas oder Wärme aus erneuerbaren Energien nach § 3 Nr. 21 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (nachfolgend „EEG“) gerichtet ist und (iii) Infrastruktur-Projektgesellschaften nach § 1 Abs. 19 Nr. 23a KAGB ((i) – (iii) gemeinsam „Portfoliogesellschaften“). Auf die Portfoliogesellschaften selbst sind nicht das InvStG, sondern die allgemeinen ertragsteuerlichen Regelungen anwendbar.
Des Weiteren soll die 5%-Bagatellgrenze des § 15 Abs. 3 InvStG nicht auf Einnahmen aus Portfoliogesellschaften anwendbar sein. Dies bedeutet, dass solche Einnahmen aus Portfoliogesellschaften nicht in die 5%-Bagatellgrenze mit einbezogen werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen dadurch Investitionen eines Kapitel 3-Fonds in diesen Bereichen erleichtert werden.
Wegfall des „Damoklesschwerts“ eines Statusverlusts für Spezial-Investmentfonds
Nach aktueller Rechtslage muss zur Qualifizierung als Kapitel 3-Fonds gemäß § 26 Nr. 7a InvStG die Voraussetzung der Gewerbesteuerbefreiung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvStG erfüllt sein, d.h. eine aktive unternehmerische Bewirtschaftung des Vermögens muss ausgeschlossen sein. In dem Fall, in dem diese Voraussetzung nicht mehr erfüllt wird und ein wesentlicher Verstoß gegen die Anlagebedingungen gegeben ist, besteht die Gefahr des Statusverlust als Spezial-Investmentfonds. Ein solcher hätte zur Folge, dass der Kapitel 3-Fonds als aufgelöst gilt und zu einer fiktiven Veräußerung seiner Vermögensgegenstände führt (Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven).
Bis Ende des Jahres 2022 reichte bereits das Erreichen der 5 %-Bagatellgrenze bei Einnahmen aus einer aktiven unternehmerischen Bewirtschaftung gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 InvStG dazu aus, dass ein Kapitel 3-Fonds nach § 52 Abs. 1 Satz 1 InvStG seinen Status verlieren konnte.
Mit Wirkung vom 1. Januar 2023 wurde durch das Jahressteuergesetz 2022 in § 26 Nr. 7a Satz 2 InvStG eine „10 %-Bagatellgrenze“ neu eingeführt, die durch das Wachstumschancengesetz („Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)“, datierend vom 27. März 2024, mit Wirkung vom 28. März 2024 auf 20% erhöht wurde.
Die Bagatellgrenze erhöht sich auf 20 %, sofern die Einnahmen aus einer auB stammen, die im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung von Immobilien stehen (d. h. es muss sich um eine Nebentätigkeit handeln) und aus dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 EEG stammen oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder resultieren.
Voraussetzung für die Anwendbarkeit der 20%-Bagatellgrenze des § 26 Nr. 7a Satz 2 InvStG ist, dass die 5 %-Bagatellgrenze des § 26 Nr. 7a Satz 1 InvStG ausschließlich durch Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen überschritten wird.
Nach aktueller Rechtslage kann es nunmehr zu einem Statusverlust eines Kapitel 3-Fonds kommen, wenn (i) entweder die 5 %-Bagatellgrenze durch Einnahmen aus aktiver unternehmerischer Bewirtschaftung (§ 26 Nr. 7a Satz 1 InvStG), bei denen es sich um andere als „Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen“ handelt, überschritten wird oder (ii) diese 5 %-Bagatellgrenze nur durch „Stromlieferungs-Zusatzeinnahmen“ und gleichzeitig die 20 %-Bagatellgrenze (§ 26 Nr. 7a Satz 2 InvStG) überschritten wird.
Geplante Neuregelung im Diskussionsentwurf
Ausweislich des Diskussionsentwurfs soll die vorgenannte 20%-Bagatellgrenze des § 26 Nr. 7a Satz 2 InvStG ersatzlos wegfallen.
Des Weiteren sollen auch Einnahmen eines Kapitel 3-Fonds, die aus dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 EEG stammen oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder resultieren und im Zusammenhang mit der Vermietung und Verpachtung von Immobilien stehen (d. h. es muss sich weiterhin um eine Nebentätigkeit handeln) für Zwecke der Berechnung der 5%-Bagatellgrenze des § 26 Nr. 7a Satz 1 InvStG unberücksichtigt bleiben.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass ein Statusverlust eines Kapitel 3-Fonds nur noch durch auB aus anderen Einnahmen als denen aus dem Betrieb von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien im Sinne des § 3 Nr. 21 EEG oder aus dem Betrieb von Ladestationen für Elektrofahrzeuge oder Elektrofahrräder, resultieren kann.
Fazit
Die geplanten Neuregelungen tragen insgesamt zur Rechtssicherheit bei und sind daher sehr zu begrüßen.
Die Erweiterung der „Abschirmwirkung“ ist sachgerecht, da eine Besteuerung der Einnahmen der Portfoliogesellschaften jeweils auf Ebene der Portfoliogesellschaften nach den ertragsteuerlichen Regelungen erfolgt.
Durch den geplanten Wegfall der 20%-Bagatellgrenze wird das „Damokles Schwert“ des Statusverlust für einen Kapitel 3-Fonds beseitigt, das beispielsweise durch unvermittelt hohen Leerstand der Immobilien bei gleichzeitig konstant bleibenden Einnahmen aus der Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien, über dem Spezial-Investmentfonds schweben kann.